Usability einmal anders betrachtet

Eingefleischten Entwicklern wird nachgesagt, dass sie sich hauptsächlich um neue Funktionen kümmern, die Bedürfnisse der Benutzer jedoch meist auf der Strecke bleiben. Zusammen mit den Smartphone-Apps hat sich dieses Bild ein wenig geändert, zumal sehr viele davon durch einzelne Personen entstehen. Den richtigen Weg zu finden ist keine einfache Angelegenheit. Ein paar überlegenswerte Punkte hat mir jedoch ein notwendiger “Zwangskauf” geliefert, Usability aus der täglichen Nicht-IT-Praxis …

Einmal kommt der Zeitpunkt, an dem der Staubsauger seinen Geist aufgibt und ein neuer her muss. Doch welcher soll es sein? Das schreit nach Recherche. Marketing-Bla-Bla. Lieber einen Experten aufsuchen und diesen mit Fragen löchern, den Verkaufsraum saugen und hoffentlich das richtige Produkt “abstauben”.

Die bisherigen Käufe wurden in etwa durch folgende Punkte entschieden:

  • Preislich im Mittelfeld. Das günstigste Gerät muss es nicht sein (da bin ich dann doch schon einmal grob eingefahren), das teuerste aber auch nicht.
  • Die Marke sollte bekannt und keinen faden Nachgeschmack haben.
  • Bauchgefühl.

Bis auf das eine angesprochene Mal waren die Käufe durchaus in Ordnung. Das Übergerät war dann jedoch auch nicht dabei. Dieses Mal war schnell klar: Lieber etwas mehr ausgeben und zu Miele greifen – dazu raten irgendwie alle. Aber dann doch zuvor die Gerätschaft erkunden.

Miele  S 8340

Als erstes fiel mir das Design auf. Hier gibt es schönere Geräte am Markt (und ich schielte ein paar Reihen weiter auf Siemens und Co.). Doch Design ist an dieser Stelle fehl am Platz. Ein Staubsauger muss doch nicht schön sein sondern funktional.

Kein Hingucker, aber dennoch sehr präsent sind die Bedienelemente. Es gibt keine (wackeligen) Schieberegler (die sich zudem oft nur sehr ungenau einstellen lassen). Die Stärkenregelung beispielsweise erfolgt über zwei Knöpfe (gekennzeichnet durch ein + und ein -), die stabil und ordentlich groß sind, um sie mit dem Fuß bedienen zu können. Auch der Einschalter und der Kabeleinzug sind zwei große Tasten. Und hier kommt bereits der erste große Usability-Punkt zu tragen:

Wer hat einen Staubsauger mit automatischem Kabeleinzug? Einmal kurz in die Gegenrichtung ziehen, loslassen und das Kabel wird eingezogen. Ist doch ein praktische Sache, denkt man sich im Verkaufsraum. In der Praxis die Hölle. Bleibt das Kabel unter der Tür hängen, man selbst will jedoch weiter, ergibt es genau diesen Ruck, der ein Einziehen des Kabels auslöst. Extrem nervig. Im gewollten Fall muss man sich bücken, warum also nicht per Fuß auslösen. Dies geschieht dann, wenn es denn wirklich sein soll und noch dazu auf eine (für den Rücken) schonende Art und Weise. Ist zwar nicht hipp, aber da hat jemand mitgedacht.

Nochmals zurück zur Stärkenregelung und deren Visualisierung. Die jeweilige Stufe wird mit Hintergrundbeleuchtung angezeigt. Die Symbole können ohne Handbuch entschlüsselt werden: Vorhänge (muss wohl die leichte Saugkraft sein), Couch, Parkett, Teppich usw. Die richtige Einstellung wird also sofort getroffen, ohne Hilfe, ohne Erklärung.

Ich mag Staubsauber mit Beutel, da ich noch keinen einzigen Zyklon-Staubsauger in der freien Wildbahn gesehen habe, dessen Saugleistung langfristig gut ist. Was ich aber nicht mag, ist das kaufen dieser Staubbeutel. Warum? Weil ich die gesamte Typenbezeichnung meines Staubsaugers nicht im Kopf habe. Hersteller wie Siemens, AEG und Co. bieten zudem auch noch unterschiedliche Größen an, die aber eben vom Typ abhängig sind. Für den Miele kauft man bitte die blauen Beutel. Danke, das merk ich mir. Ach ja, habe ich schon den automatischen Beutelverschluss erwähnt? Beutel rausnehmen, klappt automatisch zu. Kein Staub geht nach außen. Ein Wechsel ohne Sauerei.

Interessant ist auch, dass man im Handel auch noch die Beutel für 20 Jahre alte Geräte bekommt. Der mir bekannte Methusalem unter den (Miele-)Staubsaugern ist 15 Jahre und hat vor einigen Jahren ein Zubehör ausgetauscht bekommen. Wohlgemerkt nicht wegen einer Verschleißerscheinung, sondern aufgrund eines “Unfalls” – verursacht durch einen weniger erfahrenen Hausmann.

Da ich gerade bei der Nachrüstung von alten Geräten bin: Soweit ich informiert bin (im Fehlerfalle möge man mich bitte berichtigen), hat Miele die Anschlüsse erst einmal (auch schon vor zig Jahren) geändert. D.h. auch älteres Zubehör ist mit neuen kompatibel. Davon abgesehen gibt es eine 10jährige Garantie hinsichtlich kompatibles Zubehör bzw. Ersatzteile. Gerade bei den günstigen Geräten/Marken besitzt nahezu jedes Modell andere Anschlüsse (von Staubbeuteln, Filtern etc. ganz zu schweigen).

Miele Abluftfilter BeispielOh, ein Stichwort: Filter. Wie lange musste ich für meinen Staubsauger auf die Suche gehen (hätte ich das dann doch mal lieber via Internet gemacht), um einen passenden Filter zu finden. Kaum verfügbar und dann auch noch überteuert (vom Auswechselmechanismus möchte ich gar nicht sprechen, um Bluthochdruck zu vermeiden). Miele liefert zu jeder Packung Staubbeutel beide Filter (Abluft, Motorschutz) mit. Sie müssen also nicht extra bezogen werden und ein Wechsel findet somit auch wirklich regelmäßig statt (verlängert durchaus die Lebensdauer des Gerätes). Aber das eigentlich Positive kommt erst: Die Motorschutzfilter sind offensichtlich in allen Geräten gleich groß. Die Abluftfilter sind das aber nicht. Ausgeliefert wird die größte Variante. Alle anderen Größen sind eingezeichnet und können wunderbar ausgeschnitten werden. Ja, man braucht eine Schere. Die Entscheidung der Größe erfolgt aber direkt vor dem Gerät, nicht im Geschäft.

    <p>Es gibt noch weitere Vorteile, die davon zeugen, dass sich da wirklich ein paar Köpfe hinsichtlich Usability die Köpfe zerbrochen haben (oder sie haben einfach nur auf das Kundenfeedback gehört):</p>  <ul>   <li>Teleskopgriff kann so weit ausgezogen werden, dass sogar jemand mit 1,90 ohne Bandscheibenvorfall staubsaugen kann.</li>    <li>Die Geräte sind leichter als die der Konkurrenz, erfordern daher weniger Kraftaufwand.</li> </ul>  <p>Sicherlich lassen sich noch weitere Punkte finden, das ist aber unerheblich. Zahlreiche Punkte haben gezeigt, dass da niemand ran kommt. 200 Watt mehr, 50 € billiger klingt zwar auf den ersten Blick ganz gut, aber das was man sich dadurch in zahlreichen Fällen einhandelt, möchte zu einem späteren Zeitpunkt rückgängig gemacht werden. Meine Entscheidung ist gefallen!</p>  <h2>Fazit</h2>  <p>Wir Softwareentwickler sollten uns von “älteren Bereichen” öfter etwas abschauen. Natürlich lassen sich die dortigen Erkenntnisse nicht 1:1 umsetzen, aber sie liefern wertvolle Hinweise dafür, wie Anwender ticken und was sie zufrieden stellt. Das alte Sprichwort “Oft ist weniger mehr” hat Gültigkeit. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen.

Veröffentlicht von Norbert Eder

Ich bin ein leidenschaftlicher Softwareentwickler. Mein Wissen und meine Gedanken teile ich nicht nur hier im Blog, sondern auch in Fachartikeln und Büchern.

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