Der Weg zurück zu LaTeX

LaTeX

Vor vielen, vielen Jahren habe ich LaTeX für mich entdeckt. Ein Paket, um das Textsatz-Tool TeX einfacher verwenden zu können. Der Grund lag damals in meiner anstehenden Diplomarbeit. Nach dem Schreiben dieser habe ich eigentlich (nach anfänglichen, kurzen Liaisonen) wieder den Weg zurück zu Microsoft Word gefunden. Einfach, da in der Geschäftswelt kaum etwas anderes – hinsichtlich Dokumente – verwendet wird. Das galt sowohl für Mitschriften (die dann zwar teilweise per Microsoft OneNote geschrieben wurden), als auch für größere Dokumente, Artikel und Dokumentationen. Da nun aber wieder etwas längere Artikel/Beiträge anstehen, habe ich meine uralte LaTeX-Umgebung wieder ausgegraben, aktualisiert und in Betrieb genommen. Warum eigentlich?

Vielmals wird ja behauptet:

Wäre Microsoft Word für das Schreiben von Büchern gedacht, dann würde man es Microsoft Book nennen.

Darüber kann man nun streiten. Word hat schon seine Berechtigung. Vor allem die Verbreitung spricht für sich. Auch verlangen sehr viele Verlage (eigentlich alle, mit denen ich je zu tun hatte) sämtliche Beiträge, Artikel und Bücher im Word-Format. Dazu werden (mehr oder weniger gute) Vorlagen angeboten, die das Schreiberlebnis vereinfachen sollten. Naja, weniger das Schreiberlebnis, vielmehr die Übernahme in eine tatsächliche Textsatz-Software. Dem kann man sich auch kaum entziehen, was ich äußerst schade finde, da es einfachere und bessere Systeme gäbe.

Eines vorweg: Ich möchte hier keine Grundsatzdiskussion über Word und Konsorten lostreten. Wenn ich hier Word schreibe, dann kann man getrost auch OpenOffice Writer, LibreOffice Writer und was es sonst noch so alles in diesem Genre gibt, einsetzen.

Für die Fälle, die mich unabhängig von Verlagen machen und in denen massig Inhalt zusammen kommt, steht mit LaTeX (und TeX) ein vollwertes Textsatzsystem zur Verfügung, das es unheimlich einfach macht, Texte zu verfassen – ohne Stress.

Vorteile von LaTeX

Dann kommen wir zu den Vorteilen von LaTeX und warum ich persönlich dessen Einsatz befürworte.

  • Plain-Text: Alle Texte stehen in Plain-Text zur Verfügung. Keine proprietären Formate, keine Quasi-Standards und auch kein Gezippe. Ideal über mit jedem erdenklichen System damit zu arbeiten. Zum Schreiben wird nichts als ein einfacher Texteditor benötigt.
  • Source Control: Da nur mit Textdateien gearbeitet wird (abgesehen von eingebundenen Grafiken) eignet sich ein beliebiges Source Control System dazu, die Dateien darauf abzulegen und so eine Versionierung zu erreichen. Arbeiten mehrere Personen daran, greifen auch sämtliche Merge-Operationen.
  • Der Inhalt zählt! Beim Einsatz von Word und Co. muss erheblicher Aufwand geleistet werden, bis das Dokument so aussieht, wie man möchte. Ständig sind Umformatierungen notwendig, dann werden wieder Fußnoten nicht so angezeigt, wie sie sollten, Referenzen sind mit einem Mal ungültig usw. Je größer das Dokument wird, umso schwieriger die Verwaltung. Anders bei LaTeX. Hier zählt der Inhalt. Die Formatierung wird durch das Satzsystem vorgenommen. Während des Schreibens kann man sich voll und ganz auf das zu Schreibende konzentrieren. Es gibt kein Verrutschen einer Grafik, das einen aufhält. Keine Referenz, die nicht gesetzt werden will. Keine Seitenumbrüche, die den Kontext vernichten.
  • Styles / Formatierungen: Gerade bei aufwändigeren Formatierungen, beispielsweise der ordentlichen und übersichtlichen Formatierung von Sourcecodes und/oder Formeln) zeigt sich die Mächtigkeit von LaTeX gegenüber von Word und Konsorten. Einmal definiert, sieht das Ergebnis immer gleich aus, es gibt keine “externen” Einflüsse.
  • Erweiterungen: Für jeden Zweck stehen Erweiterungen (zB. via CTAN) zur Verfügung. Damit kann wirklich alles konfiguriert und angepasst bzw. unterstützt werden. Und auch hier: Man bleibt von ungewollten Ablenkungen verschont.
  • Gleicher Output – überall! Schon einmal mühsam das Word so hingebogen, dass alle Seitenumbrüche an der richtigen Stelle sind, Tabellen und Grafiken korrekt positioniert sind und dann doch auf einem anderen Rechner gedruckt? Ja? Dann sollte man sich LaTeX genauer ansehen :)

Schon eine Menge Vorteile und es ließen sich weitere finden …

Nachteile von LaTeX

Natürlich hat dieses System auch Nachteile, die hauptsächlich für Einsteiger eine große Hürde darstellen:

  • Änderungen sind nicht sofort sichtbar. Das Dokument muss zuvor “kompiliert” werden.
  • Word und Konsorten sind intuitiver
  • Hohe Verbreitung

Damit man versteht, was ich meine, hier ein Beispiel einer Tabelle unter LaTeX:

Beispiel einer Tabelle mit LaTeX

Die Ausgabe sieht dann in etwa so aus (je nach unterstützten Styles):

image

Das sieht nun zwar etwas kompliziert aus, geht aber nach einer Eingewöhnungsphase recht gut von der Hand. Und der Vorteil: Alle Tabellen sehen auch wirklich gleich aus und werden korrekt gesetzt. D.h. es muss nicht jede Tabelle extra mit einer Vorlage oder einem Styling versehen werden (was gerade bei längeren Dokumenten in unterschiedlichen Formatierungen resultiert).

Weitere Hürden?

Die einzige Hürde, die es hier zu betonen gibt trifft beim Thema Kollaboration zu: Hier ist es so, dass gerade für die Businessanwendung (wenn mehrere Personen an den selben Dokumenten arbeiten) die Akzeptanz sehr gering ist, da eben Word und Co. einfacher zu bedienen und mit einem WYSIWYG-Editor ausgestattet sind. Als Standard kann das Dokument eben mal an einen Kollegen und/oder Kunden gesendet werden, der seine Kommentare dazu abgibt (was jedoch auch mit einem PDF funktionieren würde). Daher eignet sich LaTeX wohl eher hauptsächlich im wissenschaftlichen Bereich, oder wenn man alleine bzw. in einem eingeschworenen Team arbeitet (bzw. gemeinsam an einem Dokument schreibt).

Gerade in letzterem Fall stellt sich LaTeX sehr schnell als Vorteil heraus. Zwar kann Word auch mit mehreren Dokumenten umgehen, die zu einem Hauptdokument  zusammengefasst werden, jedoch sind mir dabei bis dato noch nie Probleme erspart geblieben.

Es gilt also durchaus abzuwägen, wann dann doch lieber zu Word gegriffen wird …

Was wird unter Windows benötigt?

Wie schon eingangs erwähnt ist es bei LaTeX unerheblich, unter welchem System gearbeitet wird. Die wohl größte Anzahl an Tools etc. findet sich in der Linux-Welt, aber auch unter Windows lässt sich bequem damit arbeiten. Hier eine kurze Auflistung der eingesetzten Tools:

  • MiKTeX: Eine aktuelle Implementierung von TeX für Windows inklusive aller notwendigen ausführbaren Dateien (um beispielsweise PDF, PS etc. zu erzeugen) und einem Package-Manager zum einfachen Nachinstallieren von gewünschten Erweiterungen.
  • TeXnicCenter: Ich verwende als Editor für gewöhnlich TeXnicCenter. Darüber werden viele Dinge einfacher gemacht (das Erstellen der Ausgaben, Hilfe bei einschlägigen Befehlen etc.). Dies steht sowohl in einer stabilen Version 1.0 zur Verfügung, als auch einer Alpha-Version 2.0 (diese habe ich im Einsatz und zeigt sich recht stabil).

Das war es schon an benötigten Tools. Wie gesagt, zum Schreiben selbst ist ein einfacher Editor ansich ausreichend (wer um all die notwendigen Befehle Bescheid weiß). Zur Erstellung der Ausgabe wird MiKTeX verwendet. Für die bequemeren dann eben eine entsprechende grafische Umgebung. Hier stehen neben TeXnicCenter noch Alternativen bereit, teilweise speziell für Windows, teilweise auch plattformunabhängige Lösungen, darunter unter anderem Kile, TeXstudio usw.

Ich möchte mehr Information!

Wer sich eingehender mit LaTeX beschäftigen möchte, dem sei das LaTeX-Kompendium ans Herz gelegt. Es gibt einen wirklich guten Überblick über diese Materie und bringt die wichtigsten Eigenheiten/Befehle näher, um schnell loslegen zu können. Nachdem LaTeX gerade im wissenschaftlichen Bereich eine große Verbreitung hat, finden sich viele Informationen und Hilfen im Internet, einfach nach dem Gewünschten suchen. Es sollte kaum eine Frage offen bleiben.

Veröffentlicht von Norbert Eder

Ich bin ein leidenschaftlicher Softwareentwickler. Mein Wissen und meine Gedanken teile ich nicht nur hier im Blog, sondern auch in Fachartikeln und Büchern.

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11 Kommentare

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  1. Die Frage ist,
    ob du auch einen Weg gefunden hast um deine Blog Beiträge mit LaTeX zu schreiben und dann in das benötigte Format zu übertrage.
    Also quasi einen LaTeX Html Compiler drüber laufen lassen kannst.
    Kann natürlich auch sein, dass ich das LaTeX Konzept völlig falsch verstanden habe, aber wenn ich in einer Seitenbeschreibungsprache und so in etwa sehe ich LaTeX, etwas schreibe, sollte ich es doch in jedes beliebige Format transformieren können.
    Beste Grüße
    HP

  2. Nein, ich verwende LaTeX wirklich nur für größere Artikel und Bücher. Für so Kleingedönse wie Blogbeiträge eignet es sich nicht. Hier gibt es Tools die angebrachter sind, Windows Live Writer zum Beispiel.

  3. Hallo Vito, danke für deinen Input. Auch ein recht interessanter Lösungsansatz. Muss ich mir in einer ruhigen Minute genauer ansehen, wenngleich ich mit meiner aktuellen Lösung ganz zufrieden bin. Aber man weiß ja nie …

  4. Es gibt da noch ein Mittelding aus "intuitiver" und "logischer" Textverarbeitung: Es handelt sich dabei um ein Wiki (PmWiki), das eine Sammlung an Wiki-Seiten über ein Modul (www.wikipublisher.org) nach XML exportiert. Dieser XML-Text wird über ein XML-Stylesheet in LaTeX umgewandelt, aus dem anschließend serverseitig eine PDF-Datei generiert wird, die dem Benutzer an den Browser ausgeliefert wird.

    Die Wiki-Engine ist Pmwiki: pmwiki.org
    Wie man sich diese PDF-Druckfunktion selber installiert ist unter http://www.wikipublisher.org beschrieben.
    Wie man sich so ein Diplomarbeitswiki selber einrichtet (und anpasst) habe ich hier beschrieben: pragm.ath.cx/twwiki/pmwiki/index.php?n=Davm.Anhang

  5. Eine Sache habe ich noch vergessen:

    Für den endgültigen Satz des Dokuments hatten unsere Latex-Gurus dann am Ende noch einen Extratag eingeplant. Also da war's dann auch nicht so, dass man alles ohne Nachbearbeitung einfach so hätte übernehmen können. Von daher war da für mich kein Unterschied / Vorteil gegenüber Word erkennbar.

  6. Meine persönliche Erfahrung mit Latex sieht da ganz anders aus.

    Ich musste in der Uni in unserer Projektgruppe zwangsweise mit Latex arbeiten. Ich fand es grausam. Dinge, die ich in Word in wenigen Sekunden erledigt hatte, haben Minuten gedauert, weil ich ständig nachschlagen musste wie irgendetwas in Latex geht. Mag sein dass man sich dann irgendwann mal eingearbeitet hat und der Nachteil dann entfällt, mich hat das ständige Nachschlagen während der Projektgruppe allerdings mehr Zeit gekostet, als Latex durch seine Vorteile gespart hat.

    Wenn ich mal eben den aktuellen Stand eines Dokuments sehen wollte musste ich es erst kompilieren. Mit etwas Glück dauerte das "nur" 30 Sekunden. Meistens war es aber eher so, dass mal wieder irgendjemand irgendwelche Pakete in dem Dokument verwendet hat, die mein Latex noch nicht kannte und erst noch installieren musste. Natürlich hat es für jedes Paket einzeln die Übersetzung abgebrochen und gefragt, ob es das Paket installieren soll, statt gleich alle fehlenden Pakete gleichzeitig anzuzeigen und herunterzuladen. Eben mal schnell die aktuelle Version kompilieren konnte dann auch mal 20-30 Minuten dauern, bzw. wenn ich es eilig hatte lief es darauf hinaus, dass ich sie mir von jeamandem zuschicken lassen hatte, der sie schon hatte. Dazu musste man dann erst mal nachschlagen, was denn da jetzt schon wieder für neue Pakete und Befehle von anderen aus der Gruppe eingebaut wurden, und wie man die benutzt.

    Die Latex-Jünger in der Gruppe, die bei der Diskussion ob wir Latex einsetzen sollten oder nicht noch versprochen hatten, dass sie ja bei Problemen den Latex-einsteigern helfen würden, konnten bei den meisten Problemen dann auch nicht helfen, weil ich unter Windows eine andere Latex-Software hatte als sie unter Linux.

    Letztendlich hatte ich manchmal den Eindruck, dass ich mehr Zeit mit Latex-Einarbeitung und Problemlösung verwendet hatte, als mit der eigentlichen Arbeit am Text.

    Meine Bachelorarbeit und meine Diplomarbeit habe ich in Word geschrieben. Da hatte ich überhaupt keine Probleme. Da konnte ich mich einfach auf das Schreiben des Textes konzentrieren, statt auf die Bedienung der Software. Man muss Word aber richtig einsetzen und z.B. konsequent Formatvorlagen verwenden.

    (Ich will auch keine Grundsatzdiskussion starten, sondern wollte nur mal meine eigene Erfahrung mit Latex schildern, die leider nicht so gut war)

  7. Das meinte ich auch mit "Word und Konsorten sind intuitiver". Wer mit LaTeX beginnt, hat definitiv einen großen Berg zu bewältigen. Von jetzt auf 100 geht nicht, da braucht es Einarbeitungszeit. Mit Word kann man hier einfach losstarten und gut ist es. Wer aber das wichtigste Know-How intus hat, ist mit LaTeX (aus meiner Sicht) sicherlich produktiver und weniger abgelenkt.

    @Pakete: Das ist ebenfalls ein Erfahrungsthema. Wer einige Arbeiten damit LaTeX geschrieben hat, hat seine Pakete zusammen und kann die gegebenenfalls seinen Kollegen bereits vorab kommunizieren. Muss ein Team von Schreiberlingen die notwendigen Pakete während des Schreibens "erarbeiten" ist das natürlich durchaus schwierig. Vor allem, wenn Pakete ohne vorherige Abstimmung hinzukommen. Das lässt sich im Übrigen mit einem Source Control nicht nicht eingecheckten Abhängigkeiten vergleichen.

    @Nacharbeiten: In einigen Fällen sind sicherlich Nacharbeiten notwendig. Das ist schon richtig. Aber nichts gegen Boxen, die in Word verrutschen und dort bleiben sollen, wo sie hingehören. Vor allem wenn Korrekturen am Text etc. vorgenommen werden müssen, nachdem man sich alles nett gerichtet hat. OpenOffice-Jünger können den Spruch jetzt stecken lassen, das ist hüben wie drüben der gleiche Schmarrn :)

    Denke ich an meine Diplomarbeit zurück, erinnere ich mich an einige Kollegen, die mit Word recht große Probleme hatten. Bei einem ließ sich beispielsweise das Dokument überhaupt nicht mehr öffnen. Ein anderer ist nach > 50% auf LaTeX umgestiegen, da die Performance bei 80+ Seiten gewaltig in den Keller gegangen ist.

    Wie gesagt: Es bedarf Einarbeitungszeit. Aber wenn es läuft, läuft es so richtig.

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