Aufgaben im Kopf sind der Marterpfahl der Selbstorganisation

In Die Liste im Kopf schreibt Dirk Primbs über das Buch Getting Things Done und wie er versucht eben dies zu erreichen. Sein Hauptargument dabei: Die zu erfüllenden Aufgaben müssen aus dem Kopf, auf eine Liste, die nicht vergisst. Nun ist es Jahre her, dass mir Hannes Preishuber dieses Buch geschenkt hat. Damals hatte ich es verschlungen und die Ideen und Vorschläge für gut befunden. So wird empfohlen, Termine in einem Kalender zu erfassen (echt?) und Aufgaben in so genannten Kontextlisten. Die Kontexte sind frei zu wählen, also in etwa: Telefon, Auto, zu Hause usw. Schnell musste ich feststellen, dass die Listen Überhand nehmen, die Pflege lange dauert und im Endeffekt weniger umgesetzt wird, als erhofft. Dann stellt sich natürlich auch noch die Frage, mit welchem Hilfsmittel diese Listen denn am besten gepflegt werden. Analog? Digital?

Vorweg: Eines kann ich jedenfalls unterschreiben:

Alles was du notieren kannst erleichtert dir das Leben und wird nicht vergessen.

Wie bei allem im Leben muss allerdings der richtige Weg (manchmal sind es auch mehrere unterschiedliche Wege) gefunden werden. Und gerade das war für mich nicht so einfach, obwohl es einfach klingt. Aufgaben niederschreiben und abarbeiten. Na bitte. Erledigt. Nicht ganz. Eine grundsätzliche Unterscheidung ist zwischen

  • beruflich
  • privat

zu treffen.

Beruflich vs Privat

Hierfür sind definitiv unterschiedliche Listen zu führen, immerhin soll Berufliches nicht mit Privatem vermischt werden. Für mich hat sich gerade im beruflichen Umfeld das Personal Kanban als zielführendes Mittel heraus kristallisiert:

Kanban Board - Personal Kanban

Dieses führe ich analog, so richtig altmodisch mit einem kleinen Whiteboard, jeder Menge Post-It und dem manuellen Schritt der Status-Änderung. Für mich ist das manuelle Umkleben einer Aufgabe weit erfüllender, als das Setzen eines Statuses in der digitalen Welt. Ganz wichtig hierbei ist das Setzen eines WIP-Limits (WIP = Work In Progress). Dieses Limit beträgt bei mir 1. D.h. ich erledige immer eine Aufgabe nach der anderen. Niemals zwei zeitgleich. Das mag unflexibel erscheinen, aber:

  • Ich kann mich dadurch auf eine Aufgabe voll und ganz konzentrieren.
  • Es kommt zu keinem “Kontext-Bruch” innerhalb einer Aufgabe. Diese gehen gerne mit Fehlern, nur teilweise erledigten Aufgaben etc. einher, genau das möchte ich vermeiden.
  • Mir stellt sich die Prioritätsfrage nur bei der Wahl der nächsten Aufgabe, niemals jedoch zwischen zwei bereits gestarteten.

Diese Tafel steht auf meinem Arbeitsplatz. Jeden Morgen sehe ich sofort die offenen Punkte, muss lediglich prüfen, ob weitere Aufgaben hinzukommen (das dauert maximal 5 Minuten) und bin für den aktuellen Tag im Bilde. Da ich meine Arbeit – für gewöhnlich – nicht mit nach Hause nehme, ist alles am richtigen Ort.

Im privaten Umfeld sieht dies wieder anders aus. Ich habe im Laufe der Jahre die unterschiedlichsten Werkzeuge probiert. Als Beispiel zu nennen sind Evernote und OneNote (natürlich noch andere, aber diese beiden werden besonders häufig genannt). Es sind wunderbare Werkzeuge mit zahlreichen Funktionen, synchronisieren über sämtliche Gadgets hinweg, aber sie fördern das “Verlieren in Aufgaben” – eben durch diese Möglichkeiten. Da kann kategorisiert werden bis der Arzt kommt. Für alles gibt es bereits Vorlagen, oder können einfach erstellt werden. Ist man sich nicht sicher, wie man sich selbst organisieren möchte, geht man im Organisationswahn unter. Alles viel zu kompliziert.

Lange Zeit war daher ein Moleskine mein ständiger Begleiter. Darin kann man seine Listen manuell schreiben, auch einmal Zeichnungen, Konzepte usw. unterbringen und funktioniert wunderbar. Mit diesem Umstieg machte ich mir auch lange Gedanken über diese Kontext-Geschichte und habe für mich eine Regel definiert:

Definiere das was du heute schaffen möchtest und erledige das auch!

Darin ist kein Platz für diverse Kontexte. Diese sind auch irrelevant und beschreiben in der Regel nur, wo ich diese erledigen kann. Zu Hause, unterwegs, im Büro oder wo auch immer. Ist das interessant? Ich finde nicht. Wichtig ist, dass die Aufgaben erledigt werden und dass ich einen Plan für den aktuellen Tag aufstelle – und das nicht erst am Nachmittag. Was sind also für mich die wesentlichen Punkte?

  • Morgens wird ein Plan für den aktuellen Tag aufgestellt. Dieser Plan enthält alle Aufgaben, die ich an diesem Tag schaffen kann.
  • Neue Aufgaben werden in der Liste hinzugefügt, wenn diese nicht sofort erledigt werden können.
  • Alle geplanten Aufgaben werden mehrmals am Tag durchgesehen und erledigt, sobald diese erledigt werden können.

Das Prinzip lebt noch immer. Der Moleskine ist nur mehr für kurze Notizen, Zeichnungen, Konzepte da (da kann man sicherlich auch einmal bei Ilker Cetinkaya nachfragen). Mittlerweile bin ich dann doch in die digitale Welt umgestiegen und habe eine App gefunden, die meinen Anforderungen genau entspricht: Any.do.

Any.do Screenshot

Dabei handelt es sich um einen modernen Aufgabenplaner, der für Android und iOS verfügbar ist. Zusätzlich gibt es eine Chrome Extension, wer auch am Rechner damit arbeiten möchte. Und wer seine Daten auch noch bewusst Google abliefern möchte, der findet auch noch eine Unterstützung für Google Tasks. Das klingt ja jetzt noch nicht alles so ungewöhnlich, was aber diese App für mich ausmacht:

  • Ich verwende sie in der Standard-Einstellung. Damit sind meine “Kontexte” zeitlicher Natur: Heute, Morgen, Bald, Irgendwann.
  • Jeden Tag zu einer einstellbaren Uhrzeit werde ich aufgefordert, einen Tagesplan zu erstellen.
  • Für “Heute” definierte Aufgaben werden in Intervallen abgefragt und können so verschoben werden (um Stunden oder auch auf den folgenden Tag etc.)
  • Es gibt keine Liste von überfälligen Aufgaben

Da ich mein Smartphone meistens bei mir habe, vergesse ich keine Aufgabe. Wenn, dann muss ich sie schon bewusst verschieben. Zusätzlich kann sich die App auch noch in die “Telefon-Funktion” des Handies hängen und fragt – so gewünscht – bei unbeantworteten Anrufen nach, ob hierfür eine Aufgabe für später erstellt werden soll. Ebenfalls sehr hilfreich um einen Rückruf nicht zu vergessen.

Fazit

Für mich ist wichtig, dass Aufgaben erledigt werden. Das Erledigen an sich bringt ein Glücksgefühl mit sich und beflügelt für weitere Taten. In welchem Kontext Aufgaben erledigt werden können/sollen ist für mich unwichtig. Sie sollen erledigt werden. Nur das zählt. Ich brauche daher kein Schnick-Schnack, schon gar nicht möchte ich zahlreiche Listen, deren Pflege extrem viel Zeit in Beschlag nimmt. Unkompliziert, schnell und übersichtlich muss es sein. Egal ob im privaten oder im beruflichen Umfeld: Es ist wichtig, das WIP-Limit extrem niedrig zu halten. Zumindest hat sich – bei mir – erst dadurch wirkliche Produktivität eingestellt. Ein zu hohes WIP-Limit fördert das Verschieben, Hinauszögern und Nicht-Abschließen von Aufgaben. Selbiges gilt auch wenn unterschiedliche Kontexte berücksichtigt werden.

Das Wichtigste nochmals in aller Kürze: Aufgaben niederschreiben, raus aus dem Kopf!

Veröffentlicht von Norbert Eder

Ich bin ein leidenschaftlicher Softwareentwickler. Mein Wissen und meine Gedanken teile ich nicht nur hier im Blog, sondern auch in Fachartikeln und Büchern.

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